Auf ein Bier mit – Gerit Wintermeyer

von Gregor Behlen

English version

10 Jahre ist er auf dem Spitzkippel zu hause gewesen bis es ihn über Sonnenbergs Grenzen hinaus in die große weite Fußballwelt verschlug. Heute mit seinen 22 Jahren kann er bereits auf Stationen wie Schott Mainz und den 1. FC Kaiserslautern zurückblicken. Aktuell spielt er in Amerika an der Bradley Univerity und gilt im nächsten Sommer als hoffnungsvolles Sturmtalent für die MLS (Major League Soccer).

Anfangszeit bei der Spvgg

Gerit schön das du heute bei auf ein Bier mit… dabei bist!
Ich kann mich noch gut daran erinnern als du deine Schuhe in jungen Jahren auf dem Spitzkippel geschnürt hast.

Wintermeyer: Ja das waren die ersten Schritte die ich in Fußballschuhen gemacht habe, dort wo
alles anfing..

Die wenigsten dürften dich noch kennen. Erzähl doch mal wie lange warst du im Verein?

Wintermeyer: Ich habe insgesamt für 10 Jahre auf dem Spitzkippel die Schuhe geschnürt für die Spvgg bevor ich mal einen Tapetenwechsel haben wollte.

Wenn du so zurückblickst fallen dir da noch ehemalige Mitspieler, Trainer ein oder hast vielleicht sogar noch Kontakt zu jemanden?

Wintermeyer: Erstaunlicher weise kann ich mich noch sehr gut an fast alle meine Mitspieler und
Trainer erinnern und mit einigen habe ich bis heute noch sehr guten Kontakt.

Bei den Bambini’s und in der F-Jugend hast du bereits dein stürmerisches Talent aufblitzen lassen. Obwohl du auch einige Partien die Torwarthandschuhe getragen hast ging es für dich immer Richtung gegnerisches Tor. Hast du überhaupt mal ernsthaft eine andere Position gespielt?

Wintermeyer: Nicht wirklich. Für die Flügel war ich nicht schnell und flink genug, als 6er war ich zu foul, und nur als Torwart hab ich mich wohl gefühlt und auch längere zeit gespielt. Aber nur als Stürmer habe ich mich wirklich wohl gefühlt und auch Leistung gebracht.

Damals eher unter den Kleineren aber oho. Jetzt schau dich an. 1.88 m 88 kg das klingt nach Gardemaß für einen Strafraumstürmer. Aber du hast auch mehr auf dem Kasten. Früher warst du sogar für ein paar Begegnungen im Tor. Hast du während deiner bisherigen Laufbahn auch noch anderen Positionen gespielt?

Wintermeyer: Es gab einige male wo ich als Innenverteidiger aushelfen musste, wobei mein Stellungsspiel eher nicht das beste war. Diese Spiele haben mir aber geholfen als Stürmer, da ich lernen konnte was einfach zu verteidigen ist und welche Laufwege einen Verteidiger ins Schwitzen bringen. Es gab auch mal eine kurze Zeit wo ich ein paar spiele auf die Flügel ausweichen musste beim FCK, aber dann doch eher aus der Not heraus geboren.

Was war denn bisher deine beste Torausbeute und gegen wen?

Wintermeyer: Gute Frage, wahrscheinlich als wir mit Kaiserslautern ein Vorbereitungsspiel in Holland hatten gegen AZ Alkmaar, wo wir 8:2 gewonnen hatten und ich 5 Tore erzielt habe.

Mit welchem aktuellen Bundesligaspieler würdest du dich am ehesten vergleichen?

Wintermeyer: Am ehesten Mario Gomez auch wenn er mittlerweile in der 2. Liga spielt, eines meiner Vorbilder. Aber natürlich orientiere ich momentan an Spielern wie Lewandowski.

Vom Spitzkippel aus ging es in die große weite Fußballwelt. Wo bist du anschließend überall gelandet?

Wintermeyer: Als ich mich dazu entschlossen hatte eine neue Herausforderung zu suchen bin ich recht glücklich bei Schott Mainz untergekommen wo ich einige meiner besten Jahre hatte und eine großartige Ausbildung genossen habe. Anschließend, habe ich mich gegen einen Wechsel weiter weg von zu Hause entschieden und für den 1. FC Kaiserslautern.

Beim GROßEN 1. FC Kaiserslautern

Du hast bei den Roten Teufeln gespielt. Einem großen Traditionsverein im Deutschen Fußball.
Wie war das so? Spürt man noch den Glanz vergangener Jahre.

Wintermeyer: Aufjedenfall! Als ich für den FCK gespielt habe war dort die Welt noch in Ordnung und alle Mannschaften haben in hohen Ligen gespielt. Die Vorbereitung für die Saison war einzigartig, mit verschiedenen Reisen, Spielen und Turnieren in ganz
Europa. Es war großartig Mitspieler und einen Trainer zu haben die einen jeden Tag gefordert haben und das beste aus einem gekitzelt haben Tag für Tag. Natürlich war auch das Nachwuchsleistungszentrum ein Genuss für jeden Spieler.

Wie verhalten sich die Gegner wenn gegen euch gespielt wurde?

Wintermeyer: Es gab schon einige Partien in denen wir gut was einstecken mussten. Jeder Gegner war immer hoch motiviert und es war oft hart die Abwehr Bollwerke zu brechen aber es gab auch einige male wo wir gegen Mannschaften gespielt haben
die Zukünftige Bundesliga Stars hatten wie der FC Schalke 04 wo wir kein Land gesehen haben, und ein gewisser Leroy Sane 2 Tore erzielt hat bei einer 5:0 Niederlage.

Über den großen Teich in die USA ans College

Andere Länder andere Sitten. Lass uns ein bisschen über die Unterschiede zu Europa sprechen.

Wintermeyer: Ein Unterschied den ich festgestellt habe ist die Erwartungshaltung von Trainern und Coaches. Es wird wesentlich mehr Respekt, Verantwortung, und Disziplin erwartet und gepredigt als es in Deutschland ist. Und die Ausstattung unsres Leistungszentrums ist erheblich besser als ich es aus Deutschland kenne. Da haben einige Profi-Vereine weniger zur Verfügung als wir dort haben.

Aber bevor wie richtig loslegen! Wie kam es denn überhaupt dazu das du nach Amerika gegangen bist?

Wintermeyer: Ich hatte beim FCK noch einen 1-Jahres Vertrag für die Profi-Abteilung aber die neuen Trainer der 1. und 2. Mannschaft haben kein Platz gehabt für einen Nachwuchsstürmer. Also habe ich mich nach Alternativen umgesehen und erinnerte mich das mein alter Trainer aus meiner Schott Zeit mir einmal angeboten hat mich in Verbindung mit einem Vermittler zu bringen der Spieler in die USA ans College bringt. Nach den ersten Gesprächen war ich fasziniert und entschloss mich dazu es zu versuchen und hatte Glück das mein jetziger Trainer direkt zugesagt hat nach einigen Telefonaten und Videos von meinen FCK spielen gesehen hat.

Kann sich theoretisch jeder der meint ein passabler Kicker zu sein für ein Stipendium an einem College bewerben?

Wintermeyer: Theoretisch ja, Grundvoraussetzung ist das man ein 3,0 Abitur hat und alle Englisch-Tests besteht bevor man rüber kann.

Gut, du bist in Bradley gelandet. Ich habe gesehen das einer deiner Mitspieler ebenfalls aus Deutschland kommt. Hilft das einen Muttersprachler mit im Team zu haben?

Wintermeyer: In meinem ersten Jahr hatte ich einen weiteren Deutschen in der Mannschaft der mein Mentor war und mir alles gezeigt hat. Ohne ihn wäre mir das alles nicht so einfach gefallen, er hat mir ein Stück Heimat und Rückhalt gegeben in guten wie in schlechten Zeiten. Er hat großen Anteil an meinem Erfolg. Mittlerweile haben wir 3 Deutsche und einen Österreicher im Team, wobei zwei davon diesen Mai ihren Abschluss gemacht haben uns leider verlassen werde.

Gerit, ihr spielt mit Bradley in der NCAA Division I. Ich habe gelesen das es dort 206 Teams gibt, ihr aber nur 19 Saisonspiele gespielt habt! Wie funktioniert das denn?

Wintermeyer: Genau, und diese Teams sind aufgeteilt in 24 verschieden Conferences also Ligen wie Nord, Süd, West, Ost oder wie in meinem fall nach einer Gegend, Missouri Valley Conference. Jede Liga hat zwischen 6 und 15 Mannschaften und jeder spielt gegen jeden mindestens einmal, bei den kleineren Ligen häufig auch mit Hin- und Rückspiel. Maximal dürfen 20 Reguläre Saison spiele gemacht werden. Abgesehen von den Liga internen spielen kann man den restlichen Spielplan mit irgendeinem X-beliebigen College auffüllen. Alle spiele werden aber in dem 4 Monatigen Herbst Semester ausgetragen, also überwiegend mit 2 Spielen die Woche da der letzte Monat des Semester für die Playoffs reserviert ist.

Ein gewaltiger Unterschied ist ja das ihr keinen normalen Tabellenmodus spielt. Eigentlich ist es eher mit einem europäischen Wettberweb wie der Champions oder Euroleague zu vergleichen. Ihr spielt eine Gruppenphase und dann gehts im Turniermodus für die besten weiter. Kannst du das für uns College-Leien etwas genauer erklären?

Wintermeyer: Also das ist recht kompliziert und macht aus unserer gewohnten Sicht keinen großen Sinn aber ich Versuchs mal. Es gibt einen „Liga Modus“ (Conference), „Pokal Modus“ (Tournament), und eine „Champions League“ (NCAA Tournament). Die Liga (Conference) gewinnt das College das am meisten Liga interne Spiele gewonnen hat also so wie in Deutschland. Dort spielen die Spiele gegen Mannschaft von außerhalb der Liga keine Rolle. Der Pokal (Tournament) im Anschluss an die Liga ausgetragen. Dort spielt der 1. Gegen den letzten der Liga, der 2. Gegen den vorletzten usw. Der Pokal wird wie in Deutschland im K.O. Verfahren gespielt bis en Sieger feststeht. Bei Ligen mit einer ungeraden Zahl von Mannschaften nimmt di letzte Mannschaft nicht am Pokal teil.

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Die Königsklasse (NCAA Tournamnet) wird im Anschluss an die beiden anderen Wettbewerbe ausgetragen. Dort nehmen 48 Colleges teil die sich daraus zusammen setzten aus den Mannschaften die ihren Pokal gewonnen haben oder zu den Top 20
im Land gehören, falls man sich nicht ohnehin schon qualifiziert hat. Zudem bekommen 16 Mannschaften, ein Frei-Ticket für die erste Runde. Die Liga spielt hierbei nur in den Top-Ligen eine Rolle wo 1-3 Mannschaften sich auch über die Liga qualifizieren können. Heißt also Pokal gewinnen, Mund abputzen und weiter geht’s. Die Standings (Platz 1.-206.) werden ermittelt aus den werten von den Mannschaften gegen die man spielt und aus deren Sieg und Niederlagen Differenz.

Vom College Football oder Basketball weiß man das dort die Stadien und Hallen bis unters Dach mit Fans gefüllt sind. Jetzt ist Fußball nicht unbedingt die dritte Wahl was die Lieblingssportart in den USA angeht. Wie viele Zuschauer habt ihr denn bei euren Spielen?

Wintermeyer: Ja, die Top-Football Unis haben 50.000-70.000 Zuschauer zu jedem Heimspiel, viele davon liegen im Süden. Der Fußball hat es den Amerikanern noch nicht so sehr angetan. Wir hatten letztes Jahr einen Schnitt von über 1.000 Zuschauern bei Heimspielen aber wir haben auch nur knapp 6.000 Studenten und relativ wenig Leute die von außerhalb kommen anders als bei Football. Aber bei vielen der Staatlichen Colleges, gibt in jedem Bundesstaat eine, gehen teilweise über 70.000 Studenten hin und in der Regel immer über 35.000 Studenten. Dort kommen dann auch durchaus mal 10.000 verrückte Studenten zu den Spielen und machen da ganz schön Stimmung und haben eine gute Zeit. Das ist schon ein großartiges Gefühl was beflügelt und motiviert.

Wie sieht denn so eine normale Woche mit Studium, Training und Spieltag für dich aus?

Wintermeyer: Man kommt nach kurzer Zeit sehr schnell in einen Rhythmus rein. Man muss seine Tage sehr genau voraus planen und strukturieren was einem als Deutschem nicht sonderlich schwerfällt. In der Regel haben wir 2 Einheiten pro Trainings-Tag, bei 2 Spielen die Woche und 16std Unterricht/Vorlesung. Die erste Einheit fängt spätestens um 7 Uhr morgens an meistens im Kraftraum, das heißt 6 Uhr aufstehen und frühstücken. Je nachdem wann die erste Vorlesung ist ab in die Uni direkt danach oder lernen und Mittagessen bevor es von 14-17 Uhr raus auf den Trainingsplatz oder ins Stadion geht zum trainieren. Und in der Regel von 17:30 – 20:15 nochmal in die Uni 2-3x pro Woche. An Spieltagen unter der Woche haben wir
morgens Uni bis 4std. vor dem Spiel und sind ab dann freigestellt. Jede Minute des Tages muss effizient genutzt werden, schlafen, Erholung, lernen, Training, essen usw.

Also bleibt da nicht so viel Zeit um jedes Wochenende an Verbindungspartys vorbeizuschauen.

Wintermeyer: Grins. Die Amis wissen schon wie man feiert und vor allem Siege feiert und Niederlagen vergessen lässt. Dafür ist mehr Zeit im Frühlingssemester wenn die Saison ruht.

Ok Spaß beiseite. Mega spannend finde ich ja die Spielzeit. Wie ist es für dich das die Uhr von 90
Minuten erbarmungslos runterläuft und bei 00:00 abgepfiffen wird?

Wintermeyer: Bisher habe ich damit nur gute Erfahrung gemacht. Aber natürlich ist das hart wenn man einen Konter fährt und nur noch den Torwart vor sich hat und der Buzzer ringt und das Spiel vorbei ist. Das einzige was unangenehm ist, ist Zeitspiel. Da es keine Nachspielzeit gibt, sondern nur die Uhr die gnadenlos runter läuft, ist das natürlich ärgerlich. Dafür kann der Schiri aber bei Verletzungen oder Auswechslungen die zu lange dauern die Zeit anhalten was wieder sehr angenehm ist.

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Was erhofftst du dir von der neuen Saison? Ist ein tiefer Playoffrun drin? Willst du mehr Tore schießen?

Wintermeyer: Ich habe persönlich sehr hohe Erwartungen an mich selber und arbeite daran mein bestes zu geben um mit der Mannschaft so weit wie möglich zu kommen. Mein Ziel ist den Pokal zu gewinnen, das sind die besten und feurigsten spiele.

Um das leidige Thema Corona kommen wir heute auch nicht rum. Wie trainierst du aktuell!

Wintermeyer: Corona hat natürlich einige Einschränkungen mit sich gebracht. Die größte mit Sicherheit die Schließung der Sportplätze bis vor kurzem. Allerdings hab ich aufgrund meiner OP einiges an Fitness aufzuholen gehabt von daher ist das auch nur halb so wild gewesen.

Wenn du jetzt an deine Zeit in Deutschland zurückdenkst und siehst was du jetzt am College so machst, sind das zwei unterschiedliche Welten oder ähnelt sich die Ausbildung im großen und ganzen?

Wintermeyer: Natürlich hat jeder Coach seine eigen Spiel-Philosophie und jedes Land seine eigene Spielweise. Es gibt schon riesen Unterschiede auf was man den Fokus legt. Während in Deutschland Technik und Taktik sehr hoch gepredigt wird ist es in Amerika sehr von der Physis, Taktik, und Standards geprägt. Ich habe nie Standards also Freistöße, Eckbälle, Einwürfe, Abstöße, und Anstoß einstudiert bevor ich nach Amerika kam. Wir haben ein komplettes Playbook mit einstudierten Spielzügen für jeden Standard mit verschiedenen Namen und Zeichen. Es gab schon oft Verwirrung auf dem Feld aber wir haben auch schon einige Tore dadurch erzielt.

Was gefällt dir im College-Soccer und der NCAA besser als in der Junioren-Bundesliga? Oder kann man das schlecht vergleichen?

Das kann man eher schwer vergleichen, allerdings denke ich das beide ihr Vor und Nachteile haben, das liegt ganz im Auge des Betrachters. Mit 2 spielen die Woche im College kann eine kleine Verletzung einem schnell ein viertel der Saison kosten
was sehr schade ist. Ich finde die Playoffs sehr spannend und interessanter als z.B. die klassische Meisterschaft die wir in Deutschland haben. Auf der anderen Seite vermisse ich die hohe Qualität des Fußballs in Deutschland.

So jetzt kommt die alles entscheidende Frage! An welcher Stelle sehen wir deinen Namen im Draft.

Wintermeyer: Vorausgesetzt der Draft findet statt und auch die Saison statt findet und gut verläuft, hoffe ich in der ersten Runde gedrafted zu werden. Ein Ambitioniertes ziel aber ein reelles, wofür ich natürlich auch einiges investiere.

Gerit vielen Dank das du heute bei uns warst. Wir wünschen dir ein super Jahr und alles gute für die Zukunft und vielleicht treffen wir uns ja demnächst mal auf ein Bier bei einem Heimspiel der Spielvereinigung.

Wintermeyer: Vielen Dank für das Interesse, hat mir Freude gemacht. Hoffentlich können wir uns alle bald
wieder ergötzen an dem Sport den wir so lieben…

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